Die Straßen entlang laufend, immer in Richtung Nase träume ich so vor mich hin. Was habe ich in dieser gebeutelten Stadt so alles miterleben müssen , was aber auch so alles miterleben dürfen. Als Kinder sind wir noch am Ende der Fußgängerzone Marktstraße mal eben um die Ecke, auf die Fußgängerbrücke und haben die Züge bestaunt und uns mit voller Absicht in die Warme „Luft“ gestellt die diese Züge bei unterfahren der Brücke ausstießen. Erinnerungen werden wach, Erinnerungen an etwas das ich als schöner empfand. Damals, ja , damals wollte ich noch unbedingt „erwachsen“ werden, die Welt erobern. Auch am anderen Ende, oder eher am Anfang der Fußgängerzone war es nicht weniger interessant, ein alter Bahnhof hieß Freunde wie auch Fremde Willkommen in dieser Stadt die aus dem Kriege wieder aufgestanden ist, aufgestanden mit der Kraft und dem Willen des kleinen Mannes. Heute ziert den Platz auf dem einst der Busbahnhof und der alte Bahnhof gemeinsam ihre Geschichte erzählten ein Gebäudekomplex der nur von Außen kalt und trist wirkt, ist er doch mehr oder weniger einfach rechteckig aus rotem Klinker in die Landschaft gestampft worden und hat so manche Erinnerung an alte Zeiten einfach weggerissen. Doch wer Wilhelmshaven schon länger kennt weis auch, nie vorher hat sich ein so großer Komplex von Bahnhof, Shopping- Flaniermeile und Parkhaus so liebevoll und vor allem eindrucksvoll um die Wiedergabe festlicher Emotionen in Wilhelmshaven verdient gemacht. In der Vorweihnachtszeit geht mir das Herz auf wenn ich die vielen Lichter sehe , die Thematischen Figuren und Spiele rund um und in diesem so lieblos „Nordseepassage“ getauften Komplex. Ja, ich gehe gern dort hin, einkaufen , shoppen oder einfach mal so. Weiter geht mein Weg und ich schaue auf so viele Erinnerungen zurück das ich so manchem gern eine Träne widmen möchte , so manchem Vergangenem eine zum Abschied aber auch so manchem Neuen eine des Glückes. Mag es auch noch so schwer sein etwas gut zu finden weil man sich mit seiner Liebe für etwas vergangenes noch an dies klammert so muss man sich oft eingestehen, so wirklich schlecht ist das neue nicht. Meine erste große Liebe, meine Gabi, hörte ich das erste mal via CB-Funk als ich auf dem Fliegerdeich (Elfer) meinen Geburtstag mit meinen CB Funk Freunden feierte, es war eine schöne Zeit auch wenn es sogar damals nicht so rosig aussah mit den Finanzen, man tat sich zusammen und fand Wege. Drei Söhne habe ich aus der daraus resultierenden Ehe und ich habe nichts falsch gemacht, manchmal lebt man sich eben auseinander. Gabi hat einen Mann gefunden der jetzt besser in Ihr leben passt und ich wünsche Ihr von ganzem Herzen alles Gute auf ihrem Weg. Auch ich fand eine neue Liebe die abermals nicht für die Ewigkeit war, Manu, auch dir viel Glück und vor allem viel Liebe deines neuen Partners im weiteren Leben. Nun habe ich meine Andrea, mein Mupfelengele und es ist für mich wie das erste mal, nichts ist wie ich es kannte, was mir Zeigt: auch neues kann so viel besser sein wie etwas das man mal hatte. Der Fliegerdeich war ein tolles Treff, hatte man dort in jungen Jahren noch so manchen Unsinn verzapft. Heute ist es nicht mehr so einfach, überall wird geschimpft wenn man mal etwas lauter ist aber ich muß ehrlich zugeben, auch ich bin älter geworden, auch ich bin nicht mehr so wild darauf das alles laut und strahlend ist. Wo ich schon überall in Wilhelmshaven gewohnt habe, ich kann es schon gar nicht mehr aufzählen doch eines tut mir ein wenig weh: Die immer mehr werdenden Leerstände in dem stolzen Fedderwardergroden , liebevoll F-Töng genannt. Was ein stolzer Stadtteil dies einmal war, „FGroden macht Spaß“ zog die Massen an und es war wie die Zusammenführung der Familie. Man traf sich , man unterhielt sich , man kippte einen zusammen oder man schaute einfach nur , sei es den Bands auf den Bühnen zu oder alles Andere was einen anstrahlte. Nach einer kleinen „Pause“ hat F-Groden sich seinen „SPASS“ wieder auf die Beine gestellt und damit gezeigt das man alles schaffen kann wenn alle mit anpacken. F-Groden steht irgendwann wieder ganz auf , da bin ich mir sicher , und dann schöner und stolzer als je zuvor. Wilhelmshaven hat viel überwunden , bestimmt auch irgendwann die Arbeitsplatzprobleme und dann kann ich , wie ich es früher schon machte, heute noch mache und auch in Zukunft machen werde, sagen: Ich bin in Wilhelmshaven geboren, ich habe in Wilhelmshaven meine Jugend verbracht, meine erste, zweite, dritte Liebe gefunden, ich werde hier alt und irgendwann auch hier für immer und ewig der Natur zurückgegeben weil ich diese Stadt, ihre Menschen, ihre Eigenheiten und auch manchmal ihre kleinen Fehler liebe wie man es nur verspüren kann wenn man nicht mit dem Verstand sondern mit dem Herzen hier verwurzelt ist. *** Calle Dirks ***
Damals
Raus, raus, raus
Meine Windjacke greifend eile ich zur „Stechuhr“ und dann hinaus an die Luft. Nicht das so ein Tag im Büro dunkel und trist sei, nein, sogar eine neue Klimaanlage ist seit einiger Zeit installiert aber es ist halt etwas Anderes ob man die Natur sieht oder wirklich erleben darf. Hastig zum Auto laufend male ich mir mein wohlverdientes Wochenende schon aus, endlich wieder in die Heimat , endlich ans Meer, endlich nach Wilhelmshaven, wo meine Wurzeln sind, wo meine Eltern und auch meine Großeltern mir eine umsorgte Kindheit und Jugend gaben. … Ich packe gar nicht erst, meine Ma hat eh alles und Sie freut sich immer schon auf meinen Besuch. So gehen Sie dahin, die Stunden auf den Autobahnen, die Blicke über die triste Umgebung lassen meine Freude über das Wochenende noch ein wenig steigen. Jaaaa, da ist Sie, die A29… keine wirklich tolle Autobahn, nein, man hätte noch so einiges schönes machen können.Ich aber bin ja nicht wegen der Autobahn hier sondern wegen dem was mich am anderen Ende erwartet: Wilhelmshaven und das Meer, meine geliebte Nordsee. Ein Lachen huscht mir durchs Gesicht wenn ich an die Sander Berge denke.. Ja, „Berge“, ich weis nicht wie man darauf gekommen ist sie so zu nennen, aber die Friesen sind halt ein Volk das auch mal etwas imposantere Namen verteilt wenn etwas einfach dazu gehört. Jetzt die letzte Ausfahrt, es ist gar nicht so leicht nach Stunden der Autobahnfahrt sich wieder daran zu gewöhnen 50 zu fahren. Es kommt mir vor als würde ich laufen. Noch ein paar Ecken und ich bin da. Ein paar Tränen kullern mir durchs Gesicht die ich suche so gut es geht zu verstecken. Mama. Alle stehen vor dem Haus und erwarten mich schon, sogar meine Schwester ist gekommen. Wie habe ich diese oft so verkannte Herzlichkeit vermisst. Schnell die Türe auf und Raus….reißt es mich wieder zurück in den Wagen. Ich habe vor lauter Freude vergessen mich abzuschnallen, was meiner Schwester wohl so gefällt das sie laut anfängt zu lachen. „Also abgeschnallt und aussteigen, das war`s, weiter komme ich nicht. Meine Ma schließt mich in Ihre Arme und nun kullern unsere Tränen synchron. „Mama“, sage ich und der Rest geht in einem glucksen unter. Nun fügen sich auch die Anderen hinzu und es gibt ein wohliges Gewusel. „M O I N“ schallt es von gegenüber, und ich drehe mich um. Auf der anderen Seite steht mein alter Nachbar mit einem Lachen im Gesicht und ich grüße wohlwollend mit einem lauten „M O I N“ zurück. Oh, wie habe ich das Alles vermisst. Nun aber rein in die gute Stube und erzählen, erzählen, erzählen. So vergeht fast der ganze restliche Nachmittag und die gute Luft als auch das ganze drumherum tun ihr bestes um mich Müde werden zu lassen. Ich gehe zu Bett, wo Mama mir bereits einen dieser leckeren „Kuhbonbons“ aufs Kissen gelegt hat, nasche diesen und schlafe mir dem Gefühl der Heimat im Herzen ein. . . . Heute klingelt der Wecker nicht, Heute werde ich von dem Gewusel meiner Ma und dem Duft von frischen Brötchen geweckt. Draußen höre ich keinen Baulärm, keine Straßenbahnen oder den „Idio…“ , äh, netten Nachbarn der seine Freundin immer mit einem hupen darauf aufmerksam machen muss das er es eilig hat, nein, draußen zwitschern die Vögel, irgendwo höre ich einen Hahn krähen und ein Rauschen zieht durch die Bäume. Aufgestanden und tagesfrisch gemacht eile ich ins Esszimmer. Meinen Blick über den Tisch streifend sage ich „grüß Gott“ und ziehe ein paar verwunderte Blicke auf mich. Schnell korrigiere ich zu “ Moin“ und setze mich dazu. Ma macht den Tee wie keine Andere. Den Kluntje in die Tasse, dann den Tee, der nicht aus Beuteln kommt sondern in losen Blättern durch die Kanne streift, durch ein Sieb darübergegossen das es nur so knackt und zum Schluss der Löffel Sahne, „nicht umrühren“ sagt Sie, „das ist so Tradition“. Bald nach den Frühstück geht`s raus, wir fahren ein paar Minuten und dann ist Sie auch schon da, die Nordsee, hier noch im Jadebusen, aber das ist eher wie eine riesengroße Bucht, direkt verbunden und unsagbar schön. Der Wind erzählt mir seine Geschichte indem er mir um die Ohren saust und Paps hat einen Drachen mitgebracht als sei ich noch 14. Ich tue Ihm den Gefallen und spiele ihm zu liebe ein wenig damit. Ich hatte ganz vergessen wie viel Spaß das macht und merke erst viel später wie die Zeit vergangen ist. Nein, Heimat, wenn sie einen erst mal umschlungen hat kommt alles wieder. So gehen wir noch in die Stadt, nicht ohne ein wenig durch die alten Straßen zu fahren. Vieles, vieles lese ich ja auf facebook mit und mache mir auch so meine Sorgen aber wenn ich sehe in was für einem Paradies diese Menschen wohnen, wie viel Natur und wie viel Herzlichkeit hier herrscht verstehe ich auch warum so viele um jeden Schnipsel kämpfen. Alles hier ist es Wert Ihm seine Aufmerksamkeit zu widmen und ein Friese ist vieles, nur nicht gleichgültig. Wir schlendern durch die Marktstraße, eine Fußgängerzone, irgendwie auch ein Kleinod dieser schönen Stadt die eine so schreckliche Geschichte hinter sich hat. Als Kriegsstadt gebaut, als Hauptziel zerstört und in jahrelanger mühsamster Arbeit von kleinen Leuten die nicht einmal wirklich richtig etwas zu essen hatten mühsam im Schweiß und Armut wieder Aufgebaut damit die Kinder, Enkel und Urenkel wieder leben können hat auch Sie inzwischen schönere Zeiten erlebt. Aber es ist schön hier zu sein, wo die Möwen fetter sind wie die meisten Hauskaninchen, wo man zu Nordseekrabben noch „Granat“ sagt und man sich tagein tagaus mit „MOIN“ begrüßt, ob man sich kennt oder nicht. Wilhelmshaven, ich liebe Dich. ….